Es kommt immer wieder vor, daß
Jungvögel aus den unterschiedlichsten Gründen
sterben. Oft liegt die Ursache hierfür an Wurmbefall,
inneren und äußeren Verletzungen oder Unverträglichkeit
des Futters; auch sind manche Vögel schon fast
verhungert, bevor sie in unsere Hände gelangen.
Wahrscheinlich gibt es noch hundert andere Gründe,
weshalb ein Jungvogel trotz guter Pflege stirbt. Jedoch
gibt es auch ein paar grundsätzliche Dinge, die
man bei der Aufzucht eines Jungvogels beachten muß;
dies sind oftmals Kleinigkeiten, welche bei Nichtbeachtung
zum baldigen Tod des Vogels führen können.
Dieser Leitfaden soll eine kleine Hilfe für den
mehr oder weniger glücklichen Finder sein, um die
Aufzucht des Jungvogels etwas zu erleichtern.
Es sollte allerdings betont werden,
daß dies keine Garantie dafür ist,
daß der Jungvogel überlebt.
"Pampe"
Am besten bewährt hat sich in der ersten Wachstumsphase
des Vogels eine Mischung aus: Magerquark (Magerjoghurt),
Eiaufzuchtfutter (als erste Hilfe geht auch hartgekochtes
Eigelb) und einem Kalziumpräparat (z.B. Osspulvit),
evtl. auch ein paar Tropfen eines Multivitaminpräparates.
Jedoch sollte man darauf achten, daß
der Vogel immer nur eines von beidem bekommt, also entweder
Osspulvit oder Vitamine, da beides gleichzeitig
zu einer Übervitaminisierung führen kann,
was dann wieder üble Folgen für das Tier hat.
Meistens ist das Aufzuchtfutter auch schon genügend
mit Vitaminen versehen. Das Kalzium ist wichtig für
den Knochenaufbau, wenn es bei der Aufzucht fehlt, kann
das zu Rachitis führen, welche sich oft in Verformungen
des Schnabels oder der Füße zeigt.
Ist der Vogel dann etwas älter,
kann man langsam damit beginnen, das Aufzuchtfutter
mit Insektenfutter zu mischen. Außerdem kann man
für die verschiedenen Vogelarten die jeweiligen
Futterzusätze verwenden (Näheres dazu in der
bewährten Broschüre: Das
Füttern von Jungvögeln ). Also, noch einmal
zum mitschreiben:
- Magerquark / Magerjoghurt im Mischungsverhältnis
1:2 mit Eiaufzuchtfutter mischen, dazu ein
- Kalzium- oder Vitaminpräparat jeweils eine
Messerspitze, bzw. ein paar Tropfen genügen!
- Insektenfutter je nach Alter des Vogels Dosis erhöhen
- Wasser während jeder Fütterung zusätzlich
ein paar Tropfen in den Schnabel
Diese Mischung eignet sich gut für
alle Körnerfresser, außerdem für Stare,
Amseln, Elstern, Eichelhäher, Rabenkrähen,
etc., aber auch als Erste - Hilfe für reine Insektenfresser.
Die Körnerfresser sind nach und nach an (eingeweichtes)
Körnerfutter zu gewöhnen, und die anderen
Arten an grobes Insektenfutter (für Drosseln und
Stare mit Erde) oder andere Mixturen.
Wenn man die "Pampe" das erste Mal
anzumischen versucht, wird man sehr schnell feststellen,
daß entweder der Löffel drin stecken bleibt
oder das Ganze nach wenigen Sekunden versteinert ist.
Tip: immer wieder etwas Wasser hinzugeben und solange
rühren, bis aus dem Quark - Futter - Klumpen ein
weicher Brei geworden ist, den man mühelos durch
die Futterspritze bekommt, und diese dabei nicht explosionsartig
durch die Gegend schießt. Keine Panik: irgendwann
schafft man das Kunststück, ohne das die Quarkreste
die Tapete, die eigenen Klamotten und Haare oder den
Vogel zugekleistert haben. Alles Übungssache.
Heimchen&Tatar
Den empfindlicheren Insektenfressern
wie z.B. Mauersegler, Schwalben, Haus- und Gartenrotschwänzchen,
kann man die Quarkmischung nur als kurzfristige Übergangslösung
bieten. Auch Arten wie Meisen, Buchfinken, Schnäpper,
u.s.w. vertragen die folgende Futtermischung immer.
Nach langem Ausprobieren sind wir bei folgender Mischung
gelandet (Tiefkühlfach nötig!):
Heimchen - gibt's in der Tierhandlung
Tatar - gibt's beim Schlachter
Am Besten hat sich die ausschliessliche
Fütterung von Heimchen bewährt. Da diese sehr
teuer und nicht immer erhältlich sind, kann man
das Tatar in Maßen zufüttern - auf gar keinen
Fall auf Dauer ausschliesslich Tatar füttern,
dies führt zu schwersten gesundheilichen Schäden
für den Vogel!!
Wenn man viel Zeit hat, kann man auch Unmengen von Fliegen
fangen. Zur Not gehen auch Fliegenmaden und Mehlwürmer
(Anglergeschäft), auf Dauer gefüttert hinterlassen
sie jedoch bleibende Schäden wie Gelenklähmungen,
Gefiederschäden, etc. Fliegenmaden sollte man außerdem
vor der Verfütterung selbst füttern, sonst
bringen sie außer etwas Chitin keinen wesentlichen
Nährwert auf die Waage.
Heimchen bekommt man meist lebendig,
damit man sie verfüttern kann, ohne daß die
Hälfte anschließend in der Wohnung herumhüpft,
empfiehlt es sich, diese einfach einzufrieren und nach
Bedarf wieder aufzutauen.
Mäuse
Greifvögel, Eulen, aber auch
Rabenvögel, Reiher und Störche füttern
wir immer mit toten Mäusen. Nun hat nicht jeder
tote Mäuse zur Verfügung, aber auch hierfür
gibt es alternativen:
Eintagsküken, Rinderherz, Tartar,
Kaninchen, u.s.w. (Bei Eintagsküken sollte unbedingt
auch Osspulvit zugegeben werden.)
Das Fleisch sollte außerdem
immer mit Fell, Federn, o.ä. verfüttert werden
(wichtig für die Gewöllbildung).
Generell kann man davon ausgehen, daß alle kleinen
Vögel eine Wärmequelle nötig haben. Im
Nest liegen sie meist zu mehreren eng aneinander gekuschelt
und wärmen sich gegenseitig. Da man nicht den ganzen
Tag mit einem oder mehreren Jungvögeln in den Händen
herumlaufen kann, und es auch nicht besonders ratsam
ist, sie nachts mit ins Bett zu nehmen, gibt es hierfür
glücklicherweise ein paar Wunderwerke der Technik:
Die Glühlampe
Empfehlenswert ist eine 40 Watt Lampe.
Hierbei ist zu beachten, daß die Lampe nicht zu
weit weg steht- dann nützt sie nämlich gar
nichts - und auch nicht zu nah dran, denn dann gibt's
gekochten Jungvogel! Der normale Jungvogel bevorzugt
eine Temperatur von 35°- 37° C. (Thermometer!)
Das Rotlicht
Im Allgemeinen sogar noch besser als
die Glühlampe, da es Stoffwechsel- und Durchblutungsfördernd
ist. Sicherheitsmaßnahmen in puncto Wärme
wie bei der normalen Lampe: Achtung: Vögel mit
Krämpfen und Lähmungserscheinungen dürfen
nicht unters Rotlicht!
Die Wärmflasche
Für die Nacht gut geeignet, da
die meisten Lampen bei Dauerbeanspruchung irgendwann
den Geist aufgeben. Vorteil: der Vogel sitzt nicht ständig
im Scheinwerferlicht herum. Nachteil: die Wärmflasche
ist nach ein paar Stunden kalt.
Die Wollsocke
Hat sich bisher auch gut bewährt.
Bei kleinen Vögeln wickelt man die Socke rundherum,
ab Amselgröße kann man sie prima hineinstecken
und nur noch den Kopf herausgucken lassen. Die handgestrickte
Wollsocke ist der schnöden Kaufsocke vorzuziehen.
Die Heizung
Ist nachts ganz praktisch, vorausgesetzt,
man hat keine Nachtabsenkung eingebaut. Vorteil: der
Vogel wird die ganze Nacht kontinuierlich warm gehalten.
Nachteil: man muß erst mal herausbekommen, wo
der Vogel bei welcher Heizstufe am besten steht (nicht
zu warm / zu kalt). Direkt auf der Heizung ist meistens
nicht so günstig.
Der Brutkasten
Wäre wahrscheinlich die optimale
Lösung, aber wer hat so etwas schon?
Einen Jungvogel kann man in fast alles
legen. Hauptsache, der Aufbewahrungsort ist wärmespeichernd!
Damit sind solche Dinge wie Pappschachteln, Styroporbehälter,
Weiden - oder Strohkörbe, Kistchen, Kästchen,
u.s.w. gemeint (Klorollen gehen auch). Nicht gut geeignet
sind Porzellan - oder Steingutschüsseln, Blechdosen
oder Glasaschenbecher. Solange sich der Vogel wenig
bewegt, ist es natürlich sinnvoll, die Größe
des Behältnisses an der Vogelgröße auszurichten
(also keine Blaumeisen in Melkeimer und keine Rabenkrähen
in Eierbecher stopfen). Wobei es immer noch einfacher
ist, einen zu großen Behälter zu verkleinern,
als umgekehrt. Auch hierfür gibt es wieder diverse
Hilfsmittel, in die man den Vogel einpacken kann. Gut
geeignet sind Küchenpapier, Klopapier, Kosmetiktücher,
Heu und die bewährte Wollsocke.
Achtung !! Wenn man den
Vogel buchstäblich in Watte packt, muß man
unbedingt darauf achten, daß zwischen Watte und
Vogel ein Papiertuch oder Ähnliches liegt! Falls
der Vogel Wattefäden verschluckt, kann es zu Darmverschlingung
kommen, welche zum baldigen Tod führt!
Dieses Thema ist ausführlich in der Anleitung
Das Füttern von Jungvögeln
beschrieben.
Wie oft muß der Vogel gefüttert
werden? Man kann davon ausgehen: je kleiner der Vogel
ist, desto häufiger muß er auch gefüttert
werden. Die Zeitspanne reicht von "1/4 Stunde" bis "alle
2 Stunden". Natürlich füttert man einer Meise
nicht die gleiche Menge, wie z.B. einer Amsel. Wenn
man sich unsicher ist, ob man dem Jungvogel evtl. zu
wenig Futter gegeben hat, kann man bei den meisten Vogelarten
anhand des Kropfes sehen, ob dies der Fall ist (Ausnahme:
Eulen) Vorsicht: Insektenfresser und andere haben einen
kleineren Kropf als Körnerfresser, und man sollte
ihn nicht überdehnen!
Ist der Kropf nach der Fütterung
schnell wieder leer, kann man gleich noch eine "Ladung"
nachstopfen. Bleibt der Kropf voll, so ist dies ein
Zeichen dafür, daß der Vogel erst mal genug
hat und ein Verdauungsschläfchen halten will. Besser
öfter kleinere Mengen verfüttern, als selten
Riesenportionen zu stopfen!
Bei einem gesunden Vogel könnte man davon ausgehen,
daß er sich von selber meldet, wenn er Hunger
hat. Dies trifft aber auch nicht immer zu. Manche Vögel
sagen erst einen pieps, wenn sie wirklich großen
Hunger haben, andere wiederum plärren einem den
ganzen Tag die Ohren voll. Die Ersteren wären bald
ziemlich abgemagert und am Rande des Hungertodes, die
Letzteren würden dick und fett werden, so daß
sie freiwillig keinen Flügelschlag mehr tun würden.
Traue nie dem Betteln oder Nichtbetteln eines Jungvogels!
Dies führt natürlich gleich zur nächsten
Frage: ist der Vogel abgemagert oder normal oder zu
fett?
Den Ernährungszustand des Vogels
erkennt man am besten, indem man das Brustbein und die
Brustmuskulatur abtastet. Wenn das Brustbein sehr stark
hervorsticht, bzw. die Brustmuskulatur kaum fühlbar
ist, ist der Vogel entschieden zu mager. Falls allerdings
das Brustbein gar nicht mehr zu ertasten ist, da die
Brustmuskulatur sehr ausgeprägt ist, so kann man,
zumindest bei Singvögeln, davon ausgehen, daß
dieser Vogel eindeutig fett ist. Beim optimalen Ernährungszustand
ist der Brustbeinkiel, zwischen einer gut ausgebildeten
Brustmuskulatur, gerade noch zu ertasten. Im Zweifelsfall
pustet man auch noch die Bauchfedern beiseite und hält
nach der gelblichen Fettschicht Ausschau (nicht drücken,
nur gucken). Die Zeichnungen sollten hierbei alle Unklarheiten
beseitigen.
So, das war's erst mal. Ich hoffe,
daß euch / Ihnen diese kleine Anleitung ein Stückchen
weiterhelfen kann. Viel Spaß bei der Vogelaufzucht!
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