Die Station ist z.B. "täglich" mit
6,7 Vögeln belegt (Gesamtzahl der Pflegetage
durch 365 gerechnet). Man kann diese Belegungsrate
in den Sommermonaten getrost auf 40 halbstündlich
zu versorgende Tiere setzen, im Winter kommen hauptsächlich
verletzte oder parasitierte Greife, Eulen, Reiher
und alles, was für eine Mahlzeit an der Straße
lauert, diese haben aufgrund komplizierter Verletzungen
meist auch (wenn sie es überleben) einen wochen-
bis monatelangen Aufenthalt. Schwierig zu sagen,
ob 30 Jungvögel oder 6 Flügelbruch- und
Nerventrauma-Patienten mehr Arbeit machen...
Der in Marburg prominenteste Pflegevogel war ein
Uhu-Weibchen, das von Wolfgang Gruszka in einer
4stündigen Land- und Luft-Odyssee durchs Südviertel
gescheucht und schließlich eingefangen wurde
(Die MNZ berichtete mehrfach ausführlich).
Dieser Vogel hatte eine alte und komplizierte Verletzung
der Flügelhaut, die mehrfach von Herrn Dr.
Büsken in langwieriger Arbeit operiert wurde.
Die Verletzung ist durch die Pfleger der Station
mit modernsten Brandpflastern und -Salben weiterbehandelt
und alle zwei Tage kontrolliert und neu verbunden
worden, sie ist so verheilt, daß der Vogel
wieder ohne Beeinträchtigung frei leben kann.
Die optimale Versorgung der Verletzung kann nur
im Verbund zwischen Tierarzt und Pflegestation geschafft
werden, denn der Tierarzt hat das Fachwissen um
die Behandlung, aber die Station das Futter, biologische
Informationen und - vor allem - die Zeit, den Vogel
über längere Intervalle zu beobachten.
Übrigens waren die Tierärzte solchen Verletzungen
gegenüber bisher skeptisch und vom Ergebnis
dieser Geschichte (ebenso wie von einem Mäusebussard
ein halbes Jahr vorher, gleiche Verletzung) mehr
als überrascht.
Es konnten auch einige bisher gängige Behandlungsmethoden
durch die Erkenntnisse verändert werden, die
an den Patienten der Wildvogel-Pflegestation gewonnen
wurden. Es gab z.B. 1993 einen mittlerweile legendären
Bussard, der einen Knochenbruch im Schulterbereich
hatte (Rabenbeinfortsatz-Abriß). Bei einer
Operation hätte die Brustmuskulatur duchtrennt
werden müssen. Stattdessen wurde der Vogel
8 Monate in der Wildvogelstation gepflegt, der Bruch
verknorpelte sich in dieser Zeit, und der Bussard
konnte - nach entsprechendem Flugtraining - wieder
in die Freiheit entlassen werden.
Tierärzte und Station ergänzten
sich wieder einmal sinnvoll.