Wenn in den Wintermonaten die Temperaturen fallen,
stellen sich viele Tierfreunde die Frage, ob die bei
uns überwinternden Vögel bei ihrer Futtersuche
unterstützt werden müssen. Hierzu gibt es
unterschiedliche Argumente, die zu überprüfen
und abzuwägen sind.
Die Gegner der Fütterung befürchten einen
unkontrollierten Eingriff in den Ablauf der Natur, der
den natürlichen Ausleseprozeß verhindert.
Kranke und schwache Tiere würden so durch den Winter
gebracht, obwohl die Natur dies nicht vorgesehen hätte.
Außerdem würden nur solche Vogelarten unterstützt,
die dies nicht nötig hätten, da ihr Bestand
ohnehin nicht gefährdet sei. Seltenere Arten würden
dabei noch weiter zurückgedrängt.
Die Befürworter einer Winterfütterung halten
mit Recht dagegen, daß die Umweltbedingungen für
unsere Vögel schon schlecht genug sind, daß
es auf den Schutz jedes einzelnen Tieres ankommt. Unmengen
von Pestiziden, die sowohl von den Landwirten als auch
von vielen Kleingärtnern versprüht werden,
haben die Anzahl der Insekten und damit das Futterangebot
für die Vögel vermindert. Überdies werden
die giftigen Chemikalien in noch überlebenden Insekten
gespeichert. Fressen die Vögel diese Insekten,
so sammeln sich die Gifte im Fett der Vögel an.
Wenn das Fett in eisigen Nächten, in denen kleinere
Singvögel, wie z.B. Meisen, bis zu 10 % ihres Körpergewichtes
verlieren, wieder abgebaut wird, gehen Tiere an den
freigesetzten Giften qualvoll zugrunde.
Dadurch, daß Hecken und Sträucher abgeholzt
wurden, vor allem im Dienste der "Flurbereinigung",
haben viele Vögel außerdem ihren Lebensraum
verloren. Nicht nur in der freien Natur, auch in den
Gärten wurden und werden immer noch Brutplätze
und Versteckmöglichkeiten der Vögel zerstört,
was den Bestand aller betroffenen Vogelarten bedroht
und zum Teil erheblich reduziert. Angesichts dieser
Umstände kann von einem "natürlichen
Ausleseprozeß" durch einen harten Winter
kaum noch gesprochen werden.
Eine sachgemäße Fütterung die auf die
unterschiedlichen Vogelarten ausgerichtet ist, führt
zu keiner Benchteiligung seltener Arten. Aus tierschützerischer
Sicht geht es darum, jedem einzelnen Tier - ob selten
oder häufig vorkommend - den drohenden Hungertod
zu ersparen. Wichtig ist dabei: Wenn gefüttert
wird, muß dies unbedingt zur richtigen Zeit, am
richtigen Ort und mit geeignetem Futter geschehen. Unsachgemäße
Fütterung schadet den Tieren mehr als gar keine
Fütterung.
Wann ist Vogelfutter auszulegen?
Erst bei Dauerfrost oder bei einer geschlossenen Schneedecke
ist Winterfütterung notwendig. Vorher können
die Vögel mit geringen Futtermengen angefüttert
und so an die Futterstellen gewöhnt werden. Bei
aller Begeisterung für die Singvögel ist dabei
nicht zu vergessen, daß auch die Wasservögel,
wie z.B. Schwäne, Enten und Gänse, und die
seltener gewordenen Greifvögel in die Winterfütterung
eingeschlossen werden müssen. Sobald die Temperaturen
wieder gestiegen sind, spätestens Anfang März,
ist die Fütterung der Vögel einzustellen.
Was wird gefüttert?
Das Futterangebot, das der Mensch bereitstellt, muß
den unterschiedlichen Anforderungen der verschiedenen
Vogelarten gerecht werden.
1. Singvögel
Unsere Singvögel werden nach ihrer Futterspezialisierung
in zwei große Gruppen aufgeteilt, die Körner-
und die Weichfutterfresser.
Zur Gruppe der Körnerfresser gehören u.a.
Meise Fink, Spatz, Kernbeißer und Dompfaff. Kleiber,
Specht und Zeisig fressen ebenfalls Körner, nehmen
aber auch Weichfutter an und können deshalb ein
breiteres Nahrungsangebot nutzen.
Zu den Weichfutterfressern gehören u.a. Amsel,
Drossel, Star, Rotkehlchen, Baumläufer, Heckenbraunelle,
Wintergoldhähnchen und der kleine Zaunkönig.
Körnerfressern sollten Sonnenblumenkerne und Hanfsamen
angeboten werden, auch eingefettete Haferflocken als
Ergänzung des Körnerfutters. Getreidekörner,
wie z.B. Weizen oder Hafer, darüber hinaus Mohn,
Leinsamen und zerkleinerte Erdnüsse eignen sich
ebenfalls für die Winterfütterung. Natürlich
gibt es auch die Möglichkeit, in Samenfachgeschäften,
Zoohandlungen oder Supermärkten vorgefertigte Futtermischungen,
Futteringe und Meisenknödel für unsere einheimischen
Vögel zu kaufen, wobei das Futter von guter Qualität
sein sollte. Auch Vogelfutter ist nur begrenzt haltbar,
deshalb empfiehlt es sich, nach dem Herstellungsdatum
zu fragen. Vogelfreunde, die einen Bauern kennen, der
Heu gelagert hat, können die Samen in der dort
anfallenden Spreu als billiges Vogelfutter nutzen. Vermischt
mit ungesalzenem Fett, das erhitzt worden ist, ergibt
sich ein gut geeigneter Brei zur Füllung der verschiedenen
Futterbehälter.
"Meisenfutterglocken"
(aus Pfeiffer, Taschenbuch für den VogeIschutz,für
den DBV - Verlag,Stuttgart)
Besonders zweckmäßig hierfür ist die
Verwendung von Blumentöpfen. Durch das Loch im
Boden des Topfes wird ein Holzstab gesteckt. Den noch
flüssigen Fett-Futter-Brei füllt man in den
Blumentopf ein. Ist das Fett erkaltet und damit fest
geworden, wird die so hergestellte Futterglocke mit
der Öffnung nach unten aufgehängt. Der Inhalt
des Topfes ist somit auch vor Regen und Schnee geschützt.
Die Weichfutterfresser gehen ebenfalls an aufgehängte
Futtertöpfe, sind ansonsten aber mehr auf Beeren
und Obst spezialisiert. Zu nennen sind in erster Linie
Holunderbeeren, Beeren der Eberesche, des Ligusters,
des wilden Weins und des Weißdorns, die leicht
im Herbst gesammelt und getrocknet werden können,
jedoch auch in Fachgeschäften angeboten werden.
Auch Eicheln und getrocknete Insektenlarven sind geeignet.
Futter, das noch Feuchtigkeit enthält, so z.B.
Obststückchen, muß stets frisch ausgelegt
sein, da angefrorenes Futter für die Tiere schädlich
ist.
2. Wassergeflügel
Enten, Gänse, Schwäne, Taucher und "Hühnerartige",
wie z.B. Bleß - und Teichhuhn, finden in der Regel
genug Futter in der Natur. Bei zugefrorenen Seen und
Teichen haben jedoch auch diese Arten Probleme bei der
Nahrungssuche. Geeignetes Winterfutter ist Getreide,
Kleie und Hühnerfutter. Auch weiche Kartoffeln,
Rübenstückchen, Eicheln und Brot können
verfüttert werden. Gewürzte Speisereste jedoch
sind absolut ungeeignet.
3. Greifvögel
Nicht weniger wichtig, aber leider oft vernachlässigt,
ist eine Futterhilfe im Winter für die immer seltener
werdenden Greifvögel.
Bussarde, Weihen, Eulen, Falken und Sperber nehmen
kleine Fleischbrocken, die man auf Ästen oder am
Boden auslegt, problemlos an. Schwierigkeiten kann dabei
nur der Frost bereiten, der die Futterbrocken gefrieren
läßt. Eine natürlichere Art der Fütterung
für Greifvögel stellt das Anlocken von Mausen
mit Druschabfällen dar. Eine Gewöhnung der
Greifvögel an die "künstlichen" Futterbrocken
ist damit ausgeschlossen.
Wo wird Futter angeboten?
Den Weichfutterfressern wird im Schutz eines Baumes
oder eines Gebüsches am Boden eine überdachte
Stelle eingerichtet, die Schutz vor Wind und Schnee
bietet. Dennoch soll den Vögeln ein freier Ausblick
nach allen Seiten möglich sein, damit sie herannahende
Feinde rechtzeiti entdecken können. Wenn möglich,
sollten von vornherein entsprechende Sicherungen gegen
die Feinde der Vögel angebracht werden. Um einen
Baumstamm oder einen Pfahl, an dem das Vogelhäuschen
befestigt ist, kann man beispielsweise eine Stacheldrahtmanschette
wickeln.
Ein Beispiel für
eine Weichfresser - Futterstelle
(aus Pfeiffer,Taschenbuch für den Vogelschutz,
DBV-Verlag, Stuttgart)
Diese muß allerdings so angebracht werden, daß
Raubfeinde der Vögel diesen Bereich nicht überspringen
können. Auch dürfen sie keine Möglichkeit
haben, das Hindernis über benachbarte Bäume
zu umgehen. Besser ist es, Futterhäuschen frei
an einem Ast hängend anzubringen, wobei sich als
Anflugbasis und Versteckmöglichkeit mehrere Bäume
in der Umgebung befinden sollten.
Den Körnerfressern sollte ihr Futter an einer
von Weichfutterfressern getrennten Stelle angeboten
werden, damit Vogelarten mit unterschiedlichem "Temperament"
nicht miteinander in Konflikt geraten. Sinnvoll ist
es auch, mehrere kleine Futterstellen einzurichten,
auf die sich die Vögel verteilen können. Es
ist unbedingt darauf zu achten, daß Futterhäuser
sauber bleiben und regelmäßig desinfiziert
werden. Verschmutzte Vogelhäuser sind Brutstätten
für Parasiten und Krankheitsträger, die sich
in kurzer Zeit ausbreiten und zum Tod vieler Tiere führen
können.
Kleines Hessisches
Futterhaus
(aus Pfeiffer, Taschenbuch für den Vogelschutz,
DBV-Verlag, Stuttgart)
Wasservögel werden zweckmäßigerweise
an Plätzen gefüttert, die den Tieren als "Versammlungsort"
dienen. Die Futtermenge ist so zu wählen, daß
möglichst nichts liegenbleibt, auf Grund der feuchten
Umgebung gefriert und später das Wasser verschmutzt.
Findet man auf zugefrorenen Seen Wasservögel,
die bei extremer Kalte am Eis festgefroren sind, sollten
umgehend der nächste Tierschutzverein, die Polizei,
die Feuerwehr oder sonstige Ordnungsdienste alarmiert
werden. So kann das Tier aus seiner Lage befreit und
vor dem Tod gerettet werden.
Merksätze für die Fütterung
- Speisereste sind für Vögel schon allein
wegen der Gewürze nicht geeignet.
- Salz im Fett, das zur Herstellung eines Futterbreies
benutzt wird, ist schädlich.
- Vorsicht beim Auslegen von Brot, Obst oder sonstigem
Futter, das Feuchtigkeit enthält. Frostgefahr!
- Futterplätze unbedingt sauberhalten.
- Futterplätze geschützt anlegen, verschiedenartig
gestalten.
- Regelmäßig füttern.
Die beste Winterhilfe ist jedoch der naturnahe Garten,
in dem außer Schneeball, Pfaffenhütchen,
Hekkenrose vor allem Holunder und Eberesche, die nicht
zu Unrecht auch "Vogelbeere" genannt wird,
wachsen. Mehr als 60 Vogelarten sowie Säugetiere
und Insekten ernähren sich von den Früchten
dieser beiden Gehölze. Der Gärtner sollte
seine Parzelle im Herbst nicht aufräumen, sondern
hohle Stengel und Blütenreste stehenlassen. In
den abgestorbenen Pflanzen überwintern zahlreiche
Insekten - Nahrung für unsere einheimischen Singvögel.