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Winterfutter Trocken- und Körnerfutter Weichfutter
Grundsätzlich gilt, daß ein gefangener Vogel im allgemeinen
wegen verringerter Ausarbeitung nie überfüttert werden darf.
In diesem Punkte kommt es ganz auf die Art an und auf die Beschaffenheit
der Unterkunft. Erhöhter Futterbedarf liegt naturgemäß
vor zur Zeit der Eiablage beziehungsweise Aufzucht der Jungen, zur Zeit
der Mauser und der Beschaffung eines gewissen Wintervorrats. Die futterlose
Nachtperiode ist im nördlich-gemäßigten Klima für
bestimmte tropische Kleinvögel zu lang, diese müssen daher noch
spät abends und früh am Morgen schon wieder gefüttert werden
(siehe Kolibris). Arten, die am Boden Futter suchen, benötigen im
Käfig entsprechend große Sandkörner oder Kiesel, dies gilt
vor allem für Körnerfresser. Der Kalorienbedarf eines Vogels
ist im Vergleich zum Säugetier wesentlich größer und bei
kleinen Arten im Verhältnis zum Körpergewicht abermals größer
als bei den großen Vogelarten. Obwohl die meisten Vogelarten in der
Gefangenschaft ihre Emsigkeit und Betriebsamkeit beibehalten - kleine Arten
sind unruhiger und beweglicher als große - so ist doch die natürliche
Ausarbeitung gemindert. Es fehlt an den Vorkommnissen, die sich alltäglich
im Freileben abspielen - Witterungsumschlag, Verfolgungen und so weiter.
Daher ist die Nahrung lieber knapp als zu reichlich zu gestalten. Besonders
Kleinvögel füttern wir lieber öfters mit kleinen Mengen
als umgekehrt. Eine Ausnahme machen nur jene Tropenvögel, die in freier
Natur im Nahrungsüberfluß leben, wie gewisse Früchtefresser
der immergrünen Urwälder. Derartigen Vogelarten muß dauernd
Futter an verschiedenen Stellen des Käfigs zur Verfügung stehen.
Schrifttum:
Die Winterfütterung von Vögeln im Freien erfolgt am besten
für Weich- und Körnerfresser getrennt.
Weichfutter muß, besonders bei Frost, möglichst trocken
gehalten werden, um ein Einfrieren zu verhindern. Man verwendet als Grundlage
daher nur wenig geschabte und gekochte Möhren oder Stampfkartoffeln,
die am besten erst noch vorgetrocknet werden. Reichlicher wird Fett (Talg)
verwendet, dem beim Auslassen auch Körner, gehackte Erdnüsse
oder andere Nüsse, getrocknete Beeren, Apfelschnitzel, geschnittene,
getrocknete Obstschalen, Fleischfasern zugesetzt werden. Auch Haferflocken,
auf heißer Pfanne nachgetrocknet, können in Fett getränkt
werden. Wasser bietet man nur leicht angewärmt
in gut umwickeltem Napf. Da unerfahrene jüngere Vögel darin baden
und zugrunde gehen würden, darf das Gefäß nicht groß
sein. Der Tier- und Vogelfreund trocknet im Spätsommer und Herbst
Vogelbeeren, Mehlfäßchen, rote und schwarze Holunderbeeren,
Apfelschnitzel und -schalen, Beeren des Schneeballs. Es versteht sich dabei
für den Tierfreund, daß er nicht zu rigoros die Früchte
einheimst und zum Beispiel einen einzelnstehenden Vogelbeerbaum radikal
plündert. Man nehme immer nur die untersten Trauben weg und lasse
weiter oben grundsätzlich genug für die anderen Vögel stehen!
Dörrobst kann zerkleinert und mit Talg, Bröseln, Flocken und
so weiter untermischt werden. Man legt das Futter unter einem überhängenden
Schutzdach aus, das vor Regen und Schnee schützt. Mit dem Füttern
wird in kleinen Mengen schon frühzeitig begonnen, um die Tiere an
eine Futterstelle zu gewöhnen. Mit Eröffnung einer solchen muß
man dann allerdings den ganzen Winter hindurch weiter füttern und
darf im Vorfrühling nur allmählich aufhören.
Meisen leiden im Winter relativ weniger, da sie auch bei größter
Kälte noch Insektenpuppen, Spinneneier und so weiter zu finden wissen.
Besonders bei Tauwetter und plötzlichem neuen Frost, der die Baumstämme
mit Eis überzieht, droht ihnen Gefahr. Am meisten leiden in Mitteleuropa
die Amseln, da die beerentragenden Bäume und Sträucher immer
seltener werden. Keinesfalls dürfen Semmeln oder Brot naß verfüttert
werden.
Körnerfresser erhalten am besten ein
Gemisch, aus dem alle anfliegenden Arten sich das Zusagende auswählen.
Geschnittene Beeren oder Rosinen, Backobst, zerdrückte Erdnüsse
und dergleichen können auch hier neben Öl oder Talg zugegeben
werden oder "Swoop" Wildvogelfutter.
Fertig käufliche Gemische enthalten in verschiedener Zusammensetzung
verschiedene Hirsearten, Mohn, Hanf, Rübsen, Grassamen, Lein- und
Spitzsamen und so weiter. Je nach Vogelart und Mitteln fügt man Ameisenpuppen,
Grünzeug, Salat, Obst, Beeren, Spitzwegerich, Eikrümel oder auch
Mahlfleisch zu. Auch hier ist einige Abwechslung wichtig: Viele "Körnerfresser"
nehmen zwischendurch mit Behagen einmal eine Weichfressermahlzeit zu sich.
Auch Insekten oder Insektenfutter kann beigegeben werden.
Während der Vogelhändler ebenso wie der Zoologische Garten, Vogelpark
und so weiter mehr oder weniger auf Fertigmischungen angewiesen ist, kann
der Liebhaber und Halter einiger weniger Arten auch von Ausflügen
für seine Pfleglinge abwechslungsreiche Sämereien in kleinerer
Menge mitbringen. Er kann damit auch in Notzeiten durch einiges "Botanisieren"
auskommen. Kletten und Disteln sind besonders für Stieglitze wertvoll.
Allgemein für Singvögel gut brauchbar sind weiter: Miere, Wegerich,
Gräser, Löwenzahn, Hornkraut, Hirtentäschel, Bocksbart,
Ochsenzunge, Vergißmeinnicht, Natternkopf, Knöterich, Dost,
Hohlzahn, Schafgarbe, Buchweizen. Auch Körnerfresser können,
wie schon erwähnt wurde, zwischendurch Weichfutter bekommen, und lieben
neben einigen Beeren auch Knospen, zum Beispiel von Birke, Eiche oder Esche
(735). Es sei hier aufmerksam gemacht auf die reifen Kapseln des Rührmichnichtan,
das man zweckmäßig mit dem Ketschernetz abstreift, da die reifen
Kapseln sonst bei Berührung aufspringen und den Samen wegschleudern.
Als Abwechslungsbissen dient zum Beispiel für Zeisige auch die Feige
wegen der winzigen Samen.
Glanzsamen kann von Mutterkorn verseucht sein (486). Auch Hanf kann verderblich
wirken, wenn er gebeizt ist, was allerdings durch Anhangszettel kenntlich
gemacht sein muß (1076). Auch Befall durch Kornkäfer kann den
Vogeldarm schädigen (1083). - Im übrigen hat der Vogelsamen nur
begrenzte Lebensdauer, man darf daher zum Keimen nur kleinere Mengen einweichen,
da die Möglichkeit von Gärungen besteht (1040). Man tut gut,
keimenden Samen etwas umzuwühlen (1106). Schaumgummimatten auf einem
Backblech können mit Körnerfutter bestreut werden und im Winter
das wichtige Grün liefern.
Das Vorkeimen von Körnern kann auch sehr gut in Plastiksieben erfolgen,
die auf einer Unterlage eingeweicht werden und dann trocken hängen
bleiben - je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Der Keimvorgang dauert
etwa 4 Tage, und man setzt täglich ein neues Sieb an. Dieses Verfahren
ist insofern besser, als Schaumstoffunterlage die Grundlage von Fäulnis
werden kann (482). Bei größerem Bedarf kann man auch Drahtnetze
nehmen, womit täglich 1 - 2 Quadratmeter Fläche geerntet werden
kann. Für Hirse und anderen Samen wird auch eine Keimtruhe empfohlen,
mit Rupfen bespannt, der entsprechend befeuchtet wird (723).
In der Großstadt ist das scheinbar gekünstelte Vorkeimfutter
besonders wichtig: Anderes Grün kann wegen Kunstdüngers und anderer
Verunreinigungen verderblich wirken (1169).
Ein Trockenfutter, das auch Weichbestandteile und Fleisch enthält, kann bestehen aus: 2 l/2 Kilogramm geriebenem Weißbrot, 1/2 Kilogramm Gelbwurz, 250 Gramm Ameisenpuppen, 250 Gramm gehacktem Grünkohl oder Salat mit Hanfsamen, 1 1/2 Kilogramm Preßmilch, 2 Kilogramm Mahlfleisch.
Die Grundlage kann Waffelbruch, altbackene eingeweichte Semmel mit oder
ohne Quetschkartoffeln sein. Hinzu gibt man getrocknete Insekten, die als
Insektenschrot fertig käuflich sind, und Mahlfleisch, besonders Rinderherz.
Zugesetzt werden Harteier, Weißwürmer, etwas feingeschnittenes
Grünzeug oder geschabte Äpfel. Je nach Jahreszeit weiter Vogel-,
Holunderbeeren oder gequellte Rosinen. Auch Möhren können zum
Anmachen verwendet werden, man kann auch Möhren, Wasser, Apfel und
Milch abwechselnd verwenden. Bei sehr empfindlichen Vögeln bietet
die Möhre zuviel Rückstände: Hier verwendet man reinen Möhrensaft,
wie ihn der Entsafter liefert. Die Masse muß gut durchmischt und
etwas feucht sein, sie darf weder krümeln noch schmieren. Auch geriebener
Käsequark kann verwendet werden. Hinzu gibt man gegebenenfalls lebende
Insekten, Mehlwürmer, Ameisenpuppen. Künstliche Ameisenpuppen
werden mitunter als Ersatz gern genommen (229), doch sind die Erfolge bestritten
(230). Auch weichgekochte Spaghetti kleingeschnitten können untergemischt
werden. Webersches Weichfutter wird weder sauer noch schimmelig (231) und
verhindert zu großen Fettansatz (232). Stets kann man Obst, Eierbrot
oder Biskuit untermischen, auch eingequelltes Dörrobst, Ameisenpuppen,
Musca, Daphnien (732), pulverisierte Garnelen, Kükenalleinfutter "Grünsiegel"
oder "Triumph" werden gründlich in einer Mohnmühle
zermahlen. Rohe, nicht zu alte Erdnüsse, eventuell mit Erdnußöl
angefeuchtet, können zugesetzt werden und müssen 24 Stunden gut
durchziehen, wobei der Behälter offen bleibt (732). Ein fertiges Fettfutter
gibt es in verschiedenen Ausführungen. Seit der ersten Einführung
dieser Methode ist sie bereits erheblich verbessert worden (1016, 984,
1028).
Milch, die keineswegs summarisch verwendet werden sollte (1039) hat den
Nachteil, gegebenenfalls schnell zu säuern. Möhrensaft zugesetzt
hält diesen Prozeß auf (978). Relativ lange haltbar ist auch
durchgekochter und durch Sieb gepreßter Quark.
Eibiskuit wird nach Aufquirlen von Eigelb und Eiweiß mit etwas Wasser
hergestellt, indem man das Ganze mit Weizenmehl zu einem Teig knetet und
gut ausbackt. Nach Abkühlen kann die Masse auf Reibeisen gerieben
werden (1011). Bei völligem Durchbacken besteht auch keine Gefahr
von Seiten importierter, salmonellenverseuchter Eier.
Carotin (521) wird vom Vogel verschieden verwertet und ist mehrfach, aber
keineswegs überall ein Mittel zur Erhaltung der Federfarben (763).
Wertvoll sind der Sanddorn als Vitaminträger (1087) und die Tomate.
Vitamin-Honigmilch mit etwas Obst kann als wertvolles Zusatzmittel dienen
(477).
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